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Romina weiss Rat

Die Oma will Geld fürs Kinderhüten

Wenn Grosseltern keine Lust aufs Kinderhüten haben oder dafür Geld verlangen, können das viele Eltern nicht verstehen. Doch es ist ihr Recht, Nein zu sagen, findet Familien-Expertin Romina Brunner. Und sie plädiert dafür, nach Lösungen zu suchen.

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Romina Brunner, SI Online Familien Bloggerin, bei sich zu Hause in Birchwil ZH, am 09.11.2018, Foto Lucian Hunziker

Ohne die Hilfe der Grosseltern kämen viele Familien nicht über die Runden, sagt Familien-Expertin Romina Brunner

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Romina Brunner, SI Online Familien Bloggerin, bei sich zu Hause in Birchwil ZH, am 09.11.2018, Foto Lucian Hunziker
Romina Brunner

Seit mein Mann und ich getrennt leben, verlangen meine Schwiegereltern plötzlich Geld für das Hüten unseres Sohnes. Ich finde die Situation total absurd. Es geht ihnen wohl einzig darum, mich zu piesacken. Geld haben sie jedenfalls genug. Ist es überhaupt legitim, dass Grosseltern für ihren Einsatz eine Bezahlung verlangen? Was meinst du? – Jessica

Liebe Jessica

Deine Geschichte tönt schon sehr befremdlich. Da kümmern sich Grosseltern mehrere Jahre lang regelmässig um ihren Enkel. Sie wechseln Windeln, spielen, lachen und trösten. Und nun verlangen sie plötzlich Geld dafür? 

Mit ihrer Forderung nehmen sie in Kauf, dass ihr euch verkracht und sie deinen Sohn seltener zu sehen kriegen. Was auch immer vorgefallen ist, das Wichtige scheinen sie zu vergessen: das Kind. Gerade in der elterlichen Trennungsphase und danach könnten sie ihrem Enkelkind eine wertvolle Stütze sein. Doch ich kenne nur (d)eine Perspektive.

Fragt Romina!

Habt ihr auch ein Thema, das euch beschäftigt? Dann schreibt ein Mail an romina@schweizer-illustrierte.ch

Allerdings haben wir auch die stille Pflicht, unsere Eltern zu schützen. Denn es ist nicht selbstverständlich, dass die Omi um sechs Uhr früh zur Tochter fährt, damit diese eine Stunde später bei der Arbeit sein kann. Die Grossmutter nämlich könnte getrost liegen bleiben und würde dies vielleicht auch mit zunehmendem Alter gerne tun.

Wir sollten uns daher immer mal wieder die Frage stellen: Sind alle noch zufrieden? Mag die 75jährige Grossmutter noch Treppen steigen und einem Dreikäsehoch hinterherrennen? Oder ist der Vierjährige heute noch genauso pflegeleicht wie vor zwei Jahren?  

Es erfordert schon sehr viel Fingerspitzengefühl, zu merken, wie weit man gehen kann. Alleine aus finanziellen Gründen die Lausbuben den eigenen Eltern abzuschieben, finde ich nicht fair. Gerade im Trotzalter, wo schon manch junges Paar an seine Grenzen stösst, sollten wir besonders feinfühlig damit umgehen, wie viel Last oder Stress wir ihnen auf die Schultern heben.

Grosseltern trauen sich selten, Nein zu sagen

Viele Grosseltern trauen sich nicht, Nein zu sagen. Sie wollen ihre Kinder nicht verletzten und möchten nicht zugeben, dass alles zu viel ist für sie. Schliesslich lieben sie ja ihre Enkel und die Zeit mit ihnen. Auch spielt die Geschwisteranzahl eine bedeutende Rolle. Es macht einen Unterschied, ob die Oma ein Kind betreut oder drei Geschwister gleichzeitig plus den Familienhund. Genauso verhält es sich mit der Betreuungsszeit. 

 

Es gibt auch alternative Lösungen

Ein trauriger Fakt ist, dass sich viele Familien die Kita-Betreuung nicht leisten können und daher besonders dankbar sind um die Hilfe der Grosseltern. Ist das nicht möglich, sollte man sich nach einer anderen Lösung umschauen. Denn die gibt es immer! Wertvolle Alternativen sind Nannys, Wunschgrossmütter, also ältere Frauen, die keine eigenen Enkel haben, oder liebevolle Tagesmütter.

Bei uns schauen die Grosseltern auch nicht fix auf unsere Kinder. Gerade meinen Eltern ist ihre Unabhängikeit wichtig. Trotzdem hüten sie unsere Mädchen häufig. Dazu unterstützt uns noch die Schwester meiner Schwiegermutter. Für all die Hilfe sind wir wahnsinnig dankbar. Ohne sie müsste ich auf meine Weiterbildung verzichten.

Ja, liebe Jessica, ich stelle mir immer wieder die Frage ob wir sie finanziell entschädigen sollten. Doch sie alle würden das Geld nie annehmen. Sie machen das gerne, sagen sie, weil sie ihre Enkel lieben. Das Einzige was sie brauchen, ist Wertschätzung und Dankbarkeit. Wäre ihr Ansporn ein anderer, hätte ich Mühe.

Herzlich, Romina

Unsere Expertin für Familienfragen

Nie waren Eltern so gut informiert wie heute. Und nie war es schwieriger, im Dschungel aus Ratgebern und Internetforen den besten Weg für den eigenen Nachwuchs zu finden. Unsere Familien-Expertin Romina Brunner hilft, Ordnung zu schaffen. Regelmässig berät die zweifache Mutter und Journalistin die SI-Family-Community zu Themen und Fragen aus dem Familienalltag.

Von Romina Brunner am 11. September 2019 - 11:15 Uhr