Ich muss ja zugeben, und das dürfte keine grosse Überraschung sein, dass ich mich als Frau, die hetero ist und sich als Frau identifiziert, kein bisschen im Datingleben von Homosexuellen, insbesondere Schwulen auskenne. Ich bin einfach immer davon ausgegangen, dass es wahrscheinlich ziemlich genau so wie bei Heteros abläuft. Inklusive Dating-Apps wie Tinder oder eben Grindr. In letzter Zeit frage ich mich aber, ob diese Ansicht tatsächlich richtig ist, denn in gewissen Filmen und Serien wird es etwas anders dargestellt. Nicht völlig anders, nur ein bisschen…promisker. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur prüde. Ich weiss nicht. Kann auch sein. Oder langweilig. Sehr wahrscheinlich.
Im Film «Bros» auf dem Streaming-Dienst Sky sucht Bobby gar nicht nach der grossen Liebe, er sagt sogar von sich, dass er ein sehr zufriedener Single ist. Allerdings bekommt man eher das Gefühl, dass er frustriert mit seinem Dasein ist. Er treibt sich auf Dating-Apps herum, doch wohl mehr, um seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen, als tatsächlich jemanden kennenzulernen. Er geht in Clubs, wo er dann tatsächlich jemanden, Aaron, kennenlernt, sich das Ganze aber dann als doch nicht so einfach herausstellt, denn keiner von beiden will zunächst zugeben, Gefühle zu entwickeln und behauptet, dass sie nicht an einer Beziehung interessiert sind. Obwohl sie ganz klar mehr als Freundschaft füreinander empfinden.
Steht doch einfach mal zu euren Gefühlen!
Was ist das eigentlich immer in den Filmen, dass die Leute nicht einfach mal Klartext miteinander reden können und zu ihren Gefühlen stehen? Ist doch dämlich, damit stehen sie sich doch nur selbst im Weg. Und so gerne, wie Bobby redet, würde man meinen, dass er doch einfach mal sagen kann, was er fühlt, wenn er schon immer sagt, was er denkt? Aber nein, alles, worüber er redet, ist die Ungerechtigkeit, die die LGBTQ+-Community seit Anbeginn der Menschheit erfahren hat und sein Museum zur Geschichte von LGBTQ+-Persönlichkeiten. Keine Frage, wichtige Themen, über die man sprechen muss. Aber vielleicht nicht ausschliesslich, wenn man auf einem Date ist – oder die Eltern seines Freundes kennenlernt – pardon, seinen Bros, denn wie gesagt, sie daten ja nicht.
Im Verlauf des Films wird mehr als nur einmal thematisiert, wie sexuell offen die Homosexuellen sind. Und ich rede hier nicht von Polyamourösen Beziehungen. Nein, ich rede von Sex mit mehreren Personen gleichzeitig. Oder auch: Man schreibt jemanden auf der Dating-App, in Bobbys Fall Grindr an, es werden nur Worte ausgewechselt wie «Hey, wie geht’s?» «Lust?» Und man trifft sich fünf Minuten später, sagt sich Hallo, zieht sich aus, hat Sex und geht wieder – ohne jemals wieder etwas von der anderen Person zu hören. Und das dann teilweise noch ein paar Mal in der Woche immer mit verschiedenen Männern. Das ist mir schon in der Serie «Uncoupled» mit Neil Patrick Harris auf Netflix aufgefallen, die von einem schwulen Pärchen handelt, welches sich trennt und sich nun nach einer langen Beziehung wieder ins Dating-Leben schmeissen muss. Ist das normal? Läuft das vielleicht auch bei Heteros so ab? Das kann doch nicht glücklich machen.
Macht es auf Dauer auch nicht, zumindest in Bobbys Fall. Der Film ist stellenweise etwas langatmig und wer prüde ist, sollte die Sex-Szenen entweder überspringen oder den Film meiden. Aber er ist auch lustig und tiefgründig. Und wer Fan von Billy Eichner, Geschichte oder Hallmark-Filmen ist, kommt mit Sicherheit auf seine oder ihre Kosten.
In diesem Sinne wünsche ich euch ein schönes Wochenende und nicht vergessen: Morgen, 17. Juni, ist in Zürich Pride Parade. Also dann: Happy Pride!