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Genau, Gülsha!

Toast statt Hass

Bloggerin Gülsha Adilji schreibt darüber, was ihr tierisch auf die Nerven geht – und womit beziehungsweise mit wem sie sich wieder abreagieren kann.

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SI

Es fühlt sich für mich sehr danach an, als wäre es wieder an der Zeit, ein kleines Hass-Listical niederzuschreiben. Nicht nur für Sie – ich weiss ja, dass Haten und Lästern zum Lesen genau so viel Spass macht wie das Essen einer halben Packung Toastbrot mit Schoko-Creme (und Butter) – ich wollte es vor allem für mich machen.

Wenn ich mich nicht immer mal wieder meiner angestauten Aversionen irgendwo entledige, wird mein Hass-Verdauungstrakt irgendwann explodieren und mein Hirn mit übel riechendem braun-grünem Mousse vollsauen. (Ich weiss nicht ob, Sie es wissen, aber ein kleiner lustiger Fun Fact: Der Hate-Collum liegt hinter den Augen, deswegen muss man Augenrollen, wenn man sich nervt. Es ist ein Reflex, der Schluckauf des Hass-Gehirns, sozusagen. Exkurs Ende.)

Dem Spuk ein Ende bereitet

Aber dann kam mein Neffe zur Welt. Er ist klein und knuffig und als er gestern Schluckauf hatte, hat sich der ganze Hass-Kloss einfach aufgelöst. Und immer, wenn sich irgendeine Wut aufbäumt auf Höhe Brustbein – z.B. wenn ich ganz schlechte, bzw. möchte-gern «lustige» Comedy-Videos von Schweizer Privatradios sehe, wo ein Mann erklärt, wie sich Schweizer vs. italienische Frauen in verschiedenen Situationen verhalten (#mansplaining #notfunny) – dann scrolle ich einfach durch die drei Dutzend Bilder vom kleinen Knirps und verdränge, dass es immer noch Menschen gibt, die im Humor der 50er Jahren feststecken.

Oder wenn irgendwelche Influencerinnen auf YouTube oder Instagram eine Reportage-Werbung machen für Brust-OPs und plötzlich nicht mehr Datteln-Marken vertaggen, sondern die Klinik für Eigenfettimplantationen in der Türkei – dann besuche ich spontan meine Schwester und kräbele den Handrücken vom kleinen Schlumpf und frage meine Mutter, die irgendwie neuerdings immer bei meiner Schwester zu sein scheint, was sie zu so Schönheits-OPs sagt, und halte ihr mein Handy ins Gesicht mit einem Video, auf dem ein mit Hämatomen geschundener Frauenkörper auf dem Operationstisch zu sehen ist.

Mit hochgezogenen Brauen und einem Schnatz-Geräusch seufzt sie dann vor sich hin: «Sie hätte sich mal lieber ein Gehirn implantieren lassen.» Dann kichere ich amüsiert und brabble gleichzeitig was in das entzückende Babygesicht. Auch wenn ich ghässig werde, wenn ich über eine Diätpillen-Werbung stolpere, sende ich einfach meiner Mum einen Screenshot und sie antwortet mit einer Handvoll Emojis und dem Kommentar: «Damit nimmt man nur im Gehirn ab.»

Lachen, statt sich aufzuregen

Es macht wohl einfach mehr Sinn, über diesen lächerlichen Schrott zu lachen, als sich zu arg darüber aufzuregen; laut Baby-Blogs (ich habe sie alle abonniert) spürt der Kleine die negative Energie. Also gibt es von mir keine Hass-Listen mehr, sondern vielmehr eine liebevolle Empfehlung, wem man statt diesen dummen Witze-Seiten von Radiosendern oder noch dümmeren Influencerinnen folgen könnte sollte: @jameelajamilofficial. Ernsthaft: @jameelajamilofficial!

Zudem kann so man immer mal wieder der Mutter zeigen, wofür Influencerinnen Werbung machen, z.B. freiwilliges Elektromüll-Gebühren-Nachzahlen, oder was Radiosender für «lustigen» Content halten – und seien wir mal ehrlich, nix ist lustiger als Mutters Kommentare untermalt mit ihrem Augenrollen zu diesem ganzen Schwachsinn, der uns ständig als Inhalt verkauft wird. Und dazu kann man sich gerne auch noch einen Toast mit Schokocreme in den Mund schieben.

am 15. Oktober 2018 - 13:48 Uhr, aktualisiert 21. Januar 2019 - 01:25 Uhr